Gedanken zur aktuellen Situation im Sommer 2022

nun habe ich mich eine Weile nicht gemeldet. Das lag zum einen daran, dass es astrologischer Sicht nicht so viel Spannendes zu melden gab. Leider keine spektakulären Verbesserungen, vor allem, weil seit Februar dieses Jahres so viele Energien in Bewegung versetzt worden sind, dass diese nicht durch ein paar freundliche Zeichenwechsel gleich wieder ins Lot gebracht werden könnten. Wir sind uns mittlerweile sicherlich alle darüber im Klaren, dass die viel genannte Zeitenwende wirklich stattfindet. Da die Astrologie leider in dieser Hinsicht weniger effizient ist als in Bezug auf persönliche Horoskope, habe ich mich zurückgehalten und wenig Sinn darin gesehen zu wiederholen, was allenthalben beschrieben worden ist. Für mich sieht es eher danach aus, dass wir erst nach der Uranus-Mars-Rahu Konjunktion Ende Juli/Anfang August wieder größere Veränderungen zu erwarten haben.

Mir liegt es jedoch nicht, mich in ohnmächtige Sorgen zu begeben, weshalb ich mich entschlossen habe, ein paar Worte zu einer sehr interessanten, vor allem buddhistisch geprägten Trauerarbeit zu schreiben. Und da wir uns alle in mehr oder weniger großen Teilen von Lebensplänen, unserer Jugend, unserer Gesundheit, geliebten Menschen usw. jetzt oder später verabschieden müssen, könnten diese Gedankengänge vielleicht einigen von Euch ein paar Impulse geben.

Leben bedeutet Veränderung. Wir alle wissen, dass alles ständig im Wandel begriffen ist und jedem Anfang bereits das Ende innewohnt, wie unser berühmter Herrmann Hesse es ausgedrückt hat. Und dennoch machen wir es uns gerne bequem, entwickeln starke Vorlieben und Bindungen an bestimmte Lebensumstände oder auch Menschen. Kommen dann Veränderungen auf uns zu, vor allem plötzliche, so geraten wir in echte Nöte. Uns die Fetzen unserer schönen Zukunftspläne anzuschauen, fällt nicht leicht und löst einen Trauerprozess in uns aus. Ebenso wie die Trennung von einer/m Freund:in, Partner:in und auch von den eigenen Kindern. Als eine meiner Töchter vor einigen Jahren für anderthalb Jahre nach Australien ging, habe ich dies sehr deutlich so wahrgenommen. Trauer liegt sozusagen ständig in der Luft, denn letztendlich können wir nichts festhalten. Ich glaube auch, dass hier die Astrologie ins Spiel kommt und viele Menschen sich von persönlichen Beratungen Orientierung erhoffen, aber durchaus auch Vorbereitung auf bevorstehende Veränderungen. Die Veränderungen selbst müssen dann aber doch durchlebt werden und hier kommt Frank Ostaseski ins Spiel mit seinem Buch „The five invitations“, das es auch in Deutsch unter dem Titel „Die 5 Einladungen“ zu kaufen gibt. Eine lohnende Investition, würde ich meinen.

Er gibt resultierend aus seiner Arbeit mit Sterbenden in einem buddhistischen Hospiz in San Franzisco wertvolle Hinweise, die helfen sollen, das eigene Leben zu verbessern. Natürlich geht es viel darum, im Hier-und-Jetzt zu leben, doch es gibt viel mehr Ideen.

Die 5 Einladungen lauten

  1. Warte nicht
  2. Heiße alles Willkommen – schiebe nichts weg
  3. Begib Dich mit Deinem ganzen Sein in die Erfahrung
  4. Finde einen Ort der Ruhe inmitten von allem
  5. Entwickle die Haltung, nicht alles wissen zu müssen

Natürlich würde es den Rahmen sprengen, die tieferen Inhalte dieser 5 Einladungen genauer zu beschreiben, das könnt ihr bei Interesse im Buch selbst nachlesen. Ich möchte nur ganz kurz darauf eingehen, wie ich vor allem die ersten beiden Einladungen verstanden habe.

Astrologie handelt von der Qualität der Zeit, wie wir alle wissen. Wie oft bekomme ich in Beratungen zu hören, dass bestimmte, wichtige Vorhaben warten müssen, auch wenn sie astrologisch durchaus angezeigt sind. Der Wunsch, das bestehende zu verlängern, sich daran festzuhalten, solange es eben geht, ist sicherlich ein universeller und durchaus auch ein verständlicher. Vor allem für Menschen mit vielen fixen oder Erd-Energien. Dass dabei manchmal wirklich wichtige Sätze unausgesprochen bleiben, Begegnungen vertagt oder auch Vorhaben nicht umgesetzt werden, kann dann später zu viel Bedauern und manchmal sogar Trauer führen. Hätte ich doch damals nur…Nur wenn wir uns der Vergänglichkeit alles Irdischen bewusst genug sind, vertagen wir wirklich wichtige Treffen und Gespräche nicht, sondern setzen sie um, solange uns die Zeit dazu bleibt. Und dabei geht es eben genau nicht um spektakuläre Aktivitäten in der Welt, die zu Ruhm, Geld oder Erfolg führen. Es geht um die zwischenmenschlichen, liebevollen Gedanken, die vielleicht lange schon in uns keimen, jedoch nie so richtig drängend geworden sind. Für mich gehört dazu auch anzuerkennen, dass auch alles, was wir hier so ansammeln und unser Eigentum nennen in einigen Jahren zu wertlosem Müll werden kann. Ich glaube daher, dass es gut ist, in diesem Bewusstsein des Vergänglichen alles um uns herum neu einzuschätzen. In Japan, so erzählt Ostaseski an einer Stelle, schreiben Mönche am Tag ihres Todes ein Totengedicht. Wenn sie dann an diesem Tag nicht sterben, gilt das Gedicht nicht. Am nächsten Tag muss ein neues verfasst werden. Ich glaube, wir tun gut daran, auf diese Weise mehr an das Hier-und-Jetzt erinnert zu werden.

Die 2. Einladung: „Heiße alles Willkommen“ scheint eine sehr herausfordernde zu sein. Das sage ich gerade auch aus der Erfahrung meines eigenen Trauerprozesses heraus. Trauer kann so überraschend, unangekündigt und mit einer Wucht oder auch Tiefe kommen, wie ich persönlich es in keiner anderen Lebensphase so empfunden habe. Ich habe mir schon gleich im Herbst, nachdem mein geliebter Mann seinen vergänglichen Körper abgelegt hat, vorgenommen, alles anzunehmen, was an Gefühlen hochkommt. Sozusagen die „Willkommen“ Fußmatte auszulegen und unterschiedslos die Türe zu öffnen. Dass es bisweilen so anstrengend sein würde, konnte ich mir zum Glück nicht vorstellen. Dann hätte ich vielleicht die Matte manchmal umgedreht. Und obwohl ich genau weiß, dass der Tod nur den materiellen, sichtbaren und fühlbaren Körper betrifft, kann mich die Trauer teilweise bis ins Mark erschüttern. Ich befürchte, dass vor allem Menschen, die ein spirituell ausgerichtetes Leben führen, diese „Attacken“ nicht erwarten, vielleicht sogar glauben, über diesen Gefühlen zu stehen. Doch ganz gleich, wie viel wir wissen, spüren und wahrnehmen von der eigentlichen Realität, der Essenz des immer noch anwesenden geliebten Menschen – wir sind selbst Menschen aus Fleisch und Blut deren eigenes Bewusstsein eben noch im Körper weilt. Und dann wirklich alles willkommen zu heißen und nichts abzuweisen kann teilweise sehr anstrengende Arbeit bedeuten. Anstrengend, wichtig und heilsam, ja heilig.

Doch ich finde, wir sollten diese 2. Einladung nicht nur auf bestimmte Prozesse oder Phasen des Lebens reduzieren. Wir sollten sie vielmehr zu einer tagtäglichen Losung machen. Ohne Widerstand, offen wie ein 2-jähriges Kind, voller Neugier und bereit zum Wundern auf das Leben zugehen.

Bernard Shaw soll einmal gesagt haben, dass sein Schneider der klügste Mensch sei, den er kenne, da er jedes Mal neu Maß nimmt. Wie offen sind wir wirklich für alles, was uns täglich begegnet? Wie viel schmettern wir ab, noch bevor es angeschaut haben? Vielleicht sollten auch wir öfter neu Maß nehmen im Leben und weniger davon ausgehen, dass sich schon nichts geändert haben wird.

Vielleicht können uns ja die aktuellen, durchaus bisweilen belastenden Entwicklungen auf einer globalen Ebene dazu animieren, uns mit den ständig vorhandenen, aber zu gern geleugneten Umwälzungsprozessen auseinander zu setzen, indem wir sie in einen anderen Kontext rücken. Weg von der Idee, dass alles bitte für uns aber wie gewohnt bequem weiter gehen soll und hin zur kindlichen, neugierigen Offenheit, bei der das Vertrauen nie fehlen darf. Nur wer sich sicher fühlt, kann sich einlassen und alles willkommen heißen. Und Sicherheit, die von dieser Welt ist, ist vergänglich. Sicherheit müssen wir auf einer völlig anderen Ebene finden, dieses Vertrauen wird nie enttäuscht werden.