Zu Ehren Prof. Jaya Sekhar

Als wir begannen, uns für vedische Astrologie ernsthaft zu interessieren, nahm mein Mann Nicholas Kontakt mit Bhava in England auf und schneller als man sich versehen konnte, entstand eine Freundschaft zwischen Komilla Sutton und ihm. Bei einer unserer ersten Konferenzen, die wir in London besuchten, lernten wir dann auch bereits schon Prof. Sekhar kennen. Er hielt damals einen Vortrag über die karmischen Faktoren des vedischen Horoskops und ich werde nie seine einleitenden Worte vergessen. „Ihr seid ja alle ehrliche und ernsthafte Personen,“ so sagte er, „euch kann ich dieses göttliche Wissen zuteil werden lassen ohne für mich selbst schlechtes Karma anzusammeln.“ Und er schaute für einige Momente in die Gesichter der Anwesenden mit dem liebevollen und zugleich durchdringenden Blick, den viele von Euch über die Jahre ja selbst erleben durften. Das war der Anfang einer langen und tiefen Freundschaft zwischen einem Mann aus einer anderen Kultur, der mein Vater hätte sein können. Er ist übrigens tatsächlich im selben Jahr geboren wie mein seit langem verstorbener Vater.

Bereits im Herbst 2001 trafen wir ihn in Bangalore in einem Hotel, wo ich meine erste vedisch-astrologische Lesung bekam. Das war, so spürte ich zutiefst, nicht einfach nur eine Beratung oder ein Gespräch, das war ein Ritual. In diesem Hotel legten wir dann den Grundstein für eine Zusammenarbeit, die mehr als 2 Jahrzehnte dauern sollte. Und wieder war mein Mann das Bindeglied.

Jetzt, mehr als 20 Jahre später, kann ich zurückblicken auf unzählig viele gemeinsame Stunden in Deutschland, in Indien und England. Wir haben gemeinsam gearbeitet. Prof. Sekhars Zuständigkeit war der Unterricht, mich ernannte er „zu seiner Stimme“ und Nick hat alles ganz genau beobachtet, Übersetzungsunsicherheiten aufgefangen und vor allem auf seine höfliche englische Art immer dafür gesorgt, das Prof. Sekhar täglich eine englischsprachige Zeitung bekam und es ihm an nichts fehlte.

Neben den vielen gemeinsamen beeindruckenden lehrreichen Stunden im jeweiligen Seminarraum, in denen Prof. Sekhar nicht nur Astrologie, sondern auch Handlesen und Vastu unterrichtete, genossen wir alle auch die vielen langen Abende, in denen wir in kleiner Runde zusammen saßen und an Prof. Sekhars Lippen klebten. Bei diesen Gelegenheiten erzählte er teilweise die schönsten Geschichten, die uns einen Hauch Indiens in die europäischen Sommerabende zauberten. So erzählte er einmal, dass es in Indien eine Redensart gäbe, nach der ein Mensch mit Kala Sarpa Yoga im Horoskop im letzten Leben einem Vogel die Freiheit genommen habe und diesen in einen Käfig gesperrt habe. Eine Allegorie, die mir mehr sagt als viele kluge Erklärungen.

Und erst vor kurzem, bei einem unserer letzten Treffen, erzählte Prof. Sekhar, dass sein Vater ein direkter Astrologe des damaligen Rajas in diesem südindischen Königtum war. Der Vater habe Schmuck getragen, der einem Raja würdig gewesen wäre und im Sommer sei die ganze Familie mit Untergebenen und dem ganzen Hausstand in die Berge umgezogen und habe dort das kühlere Klima genossen. Dass bereits sein eigener Sohn, Jaya, den er als einzigen in die Astrologie einführte, in einem völlig anderen gesellschaftlichen Kontext leben würde, konnte sich dieser Herr damals sicherlich nicht vorstellen. Mit dem Ende der englischen Besatzung sollte der ehrwürdige, vom Raja so sehr geschätzte Astrologe viel Besitz und Ansehen einbüßen. Dennoch gelang es seinem Sohn Jaya, trotz seiner akademischer Ausbildung, die gesamte Nachkommenschaft mit den Einkommen aus der astrologischen Arbeit zu ernähren.

Ein wenig klingt diese Geschichte wie aus Tausendundeiner Nacht. Und sicherlich konnte sich der südindische Vater auch nicht vorstellen, dass sein Sohn einmal über viele Jahre hinweg seine Sommer in Europa verbingen würde und ein international anerkannter Autor zahlreicher Bücher werden würde. Uns ist es beschieden, diesen Sohn Jaya persönlich zu kennen und von ihm lernen zu dürfen und ich vermag gar nicht wirklich einzuschätzen, wie vielen unserer Schüler*innen er über die Jahre geholfen hat, die kosmischen Gesetze besser zu verstehen und ein paar Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.

Ich jedenfalls bin sehr dankbar für den Kontakt zu diesem besonderen Menschen, der uns einmal mehr in Deutschland besuchen wird und sein Wissen und seine Weisheit großzügig mit uns zu teilen bereit ist. Und dass er mit unseren Schüler*innen Menschen antrifft, die aufrichtig und ernsthaft nach der Wahrheit suchen und ihm kein schlechtes Karma einbringen, daran zweifelt er schon lange nicht mehr.